LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON „Osteoporose“ am 05.02.2015

Die wichtigsten Leserfragen anlässlich des Expertentelefons „Osteoporose“ am 05.02.2015

 

 

 

 

 

Der Arzt hat bei mir eine beginnende Osteoporose diagnostiziert und mir zu mehr Bewegung geraten. Welche Sportarten sind besonders geeignet?

  • Dr. med. Joachim Cassens, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, DVO Osteologe, Arzt für Sportmedizin, Marburger Medizinisches Versorgungszentrum: Vor allem zyklische Sportarten wie Nordic Walking und Bergwandern, aber auch gezieltes Muskeltraining mit leichten Widerständen sowie Koordinationsübungen. Gut ist ebenfalls ein Training auf dem Galileo, einem speziellen Fitnessgerät, das gerade in der Behandlung der Osteoporose sehr sinnvoll ist. Es wird übrigens auch im Weltraum eingesetzt, denn auch hier ist eines der Hauptprobleme, das durch fehlende Muskelkraft der Knochen abgebaut wird.

In meiner Jugend habe ich unter Magersucht gelitten und war auch noch bis etwa 30 eher untergewichtig. Besteht bei mir jetzt mit 48 erhöhte Gefahr für Osteoporose?

  • Cassens: Eindeutig ja! Die Magersucht kann bereits in jungen Jahren zu Osteomalazie, das heißt zu weichen Knochen führen. Hier sind eine regelmäßige Kontrolle und eine konsequente Therapie sehr wichtig.

Ist eigentlich der Hausarzt für Osteoporose zuständig, oder sollte ich bei Verdacht gleich zu einem Facharzt gehen?

  • Cassens: Die Diagnostik bei Osteoporose gehört in die Hand von Fachärzten mit dem Schwerpunkt „Osteologie“. Es gibt aber auch als Hausärzte niedergelassene Allgemeinmediziner mit dem Schwerpunkt Osteologie. Diese können sicherlich genauso wie andere spezialisierte Fachärzte eine Diagnostik und Therapie übernehmen.

Unser Arzt hat meinem Mann gegenüber den Verdacht auf Osteoporose geäußert und empfiehlt eine Messung der Knochendichte. Kann das wirklich sein – ich dachte, diese Krankheit betrifft nur Frauen?

  • Dr. med. Ulla Stumpf, Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, Osteologin (DVO), Leitung Spezialsprechstunde für Osteoporose und Alterstraumatologie, Klinik für Allgemeine, Unfall-, Hand und Plastische Chirurgie, Klinikum der Universität München: Osteoporose ist keine „Frauenkrankheit“, sondern eine Volkskrankheit, an der auch Männer leiden können. In der BEST-Studie 2013 konnte gezeigt werden, dass in Deutschland 5,3 Millionen Frauen und 1,1 Millionen Männer betroffen sind. Der Anteil der männlichen Patienten ist dabei mit Sicherheit unterdiagnostiziert. Dass Ihr Arzt daran gedacht und nach entsprechender Risikobewertung eine Knochendichtemessung empfohlen hat, ist sehr gut.

Ich (weiblich, 67) hatte letztes Jahr einen spontanen Wirbelbruch. Da steckt doch oft Osteoporose dahinter, oder nicht? Ich bekomme aber weder Medikamente, noch bin ich darauf untersucht worden. Kann das richtig sein?

  • Stumpf: Bei Ihnen ist dringend eine Basisdiagnostik gemäß den aktuellen DVO-Leitlinien (Dachverband Osteologie e. V.) erforderlich. Danach sollte schnellstmöglich eine spezifische medikamentöse Therapie der wahrscheinlich bestehenden Osteoporose erfolgen. Nach einem spontanen Wirbelkörperbruch sind aber auch konservative Maßnahmen wie eine Wirbelsäulen-Orthese und Physiotherapie sehr wichtig. Langfristig sollte auch die Teilnahme an einer speziellen Osteoporose-Sportgruppe erfolgen. Wenn die Schmerzen nicht nachlassen, könnte man auch – nach Durchführung von konservativen Therapiemaßnahmen – eine Operation mit Auffüllung des gebrochenen Wirbelkörpers mit Zement (Vertebroplastie) in Erwägung ziehen.

Ich bin Rentnerin und soll mich wegen meiner Knochen viel bewegen. Geld fürs Fitnessstudio habe ich aber nicht, und zum Spazierengehen ist es mir bei Nässe oder Glätte zu gefährlich. Was kann ich tun, um fit zu bleiben?

  • Stumpf: Sehr gut ist es, sich einer speziellen Osteoporose-Sportgruppe anzuschließen. Diese werden zum Beispiel von Selbsthilfegruppen oder Osteologischen Schwerpunktzentren (DVO) angeboten und von ausgebildeten Physiotherapeuten geleitet. Oft ist auch Wassergymnastik im Angebot. Lokale Sportvereine können eine gute Alternative sein. Ideal ist es, wenn die in der Gruppe erlernten Übungen auch selbstständig zuhause gemacht werden. Sollte es Ihnen nicht möglich sein, an einer Sportgruppe teilzunehmen, kann eine Anleitung durch einen Physiotherapeuten sinnvoll sein, der Ihnen Übungen zeigt.

Was kann ich (69) im Winter tun, um Stürze durch Eis und Dunkelheit möglichst zu vermeiden? Bei mir wurde vor drei Jahren Knochenschwund festgestellt.

  • Dr. med. Ulrich Deuß, niedergelassener Arzt für Innere Medizin und Endokrinologie, Köln: Zunächst ist es wichtig, Schuhe mit rutschfester Sohle zu tragen, bei Schnee und Eis auch mit Spikes. Nehmen Sie sich Zeit für ihren Weg und konzentrieren Sie sich auf ihre Schritte. Wichtig ist auch ein ausreichender Trainingszustand. Neben Krafttraining sind Koordinationsübungen sinnvoll. Ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel trägt ebenfalls zu einer guten Muskelfunktion bei. Außerdem sollte der Hausarzt sturzfördernde Medikamente wie Schlafmittel oder Psychopharmaka auf ihre Notwendigkeit überprüfen.

Ich bin ein Mann (76) und habe laut meinem Arzt wohl eine sehr schlechte Knochendichte. Aber bei mir hat das doch nichts mit Östrogenmangel zu tun wie bei meiner Frau. Müsste ich dann nicht auch andere Medikamente bekommen?

  • Deuß: Die Regulation des Knochenstoffwechsels unterscheidet sich prinzipiell nicht zwischen Mann und Frau. Das männliche Sexualhormon Testosteron wird beim Mann zu Estradiol umgewandelt und trägt genauso wie bei der Frau entscheidend zum Erhalt des Knochens bei. Deshalb sollte bei Männern mit Osteoporose im Zweifelsfalle nach einem krankhaften Testosteronmangel gefahndet werden. Allgemein sind Osteoporosemedikamente bei Frauen und Männern wirksam. Allerdings sind nicht alle Wirkstoffe für beide Geschlechter zugelassen.

Ich bin starke Raucherin und kriege es einfach nicht hin, aufzuhören. Sind dadurch wirklich auch meine Knochen gefährdet?

  • Deuß: Rauchen ist ein Risikofaktor für die Entwicklung einer Osteoporose. Bereits junge Menschen, die rauchen, weisen eine deutlich niedrigere Knochendichte auf als Nichtraucher. Dies könnte zum einem an einer schlechteren Durchblutung der Knochen liegen. Bekannt ist aber auch, dass Raucherinnen früher in die Wechseljahre kommen und Nikotin den Abbau von Östrogen beschleunigt, welches bei beiden Geschlechtern für den Erhalt der Knochensubstanz erforderlich ist.

Ich bekomme Bisphosphonate gegen meinen Knochenschwund, aber mir wird davon oft übel, und ich vergesse die Einnahme auch manchmal. Gibt es Alternativen?

  • Dr. med. Hermann Schwarz, niedergelassener Orthopäde und Schmerztherapeut, Osteologe (DVO), Freudenstadt: Bisphosphonate in Tablettenform sind die ersten Medikamente, die erfolgreich gegen Osteoporose eingesetzt wurden. Sie sind sehr effektiv. Leider sind die Einnahmeregeln etwas kompliziert, und gelegentlich können Reizungen in Speiseröhre und Magen auftreten. Mittlerweile wurden aber eine Reihe guter Alternativen entwickelt. Dazu gehören zum Beispiel Bisphosphonate zur Injektion sowie Strontium-Pulver zum Auflösen in einem Glas Wasser. Es gibt auch Tabletten mit östrogenartiger Wirkung. Ein weiteres Medikament muss nur halbjährlich unter die Haut gespritzt werden.

Ich soll eine Knochendichtemessung machen lassen. Wie finde ich dafür den richtigen Arzt und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es dann für mich?

  • Schwarz: Der Dachverband der wissenschaftlichen Gesellschaften für Osteologie (DVO) hat bisher etwa 1.500 Ärzte zu Osteoporose-Spezialisten ausgebildet, die man an der Bezeichnung „Osteologe DVO“ erkennt. Je nach Ergebnis der Diagnostik, von der die Knochendichtemessung nur einen Teil darstellt, wird Ihr Osteologe einen individuellen Behandlungsvorschlag für Sie erarbeiten. Dieser beinhaltet Vorbeugung sowie Basismaßnahmen aus den drei Säulen Kalzium, Vitamin D und regelmäßiger Sport. Falls erforderlich, wird er auch ein Medikament verschreiben.

Für starke Knochen wird ja eine Ernährung mit vielen Milchprodukten empfohlen. Mein Heilpraktiker sagt aber, dass Milch ein Kalziumräuber ist. Was stimmt denn nun?

  • Schwarz: Immerhin spricht Ihr Heilpraktiker das Thema Kalzium an. Anzustreben ist tatsächlich eine tägliche Aufnahme von etwa 1.000 bis maximal 1.500 mg dieses wichtigen Knochenbaustoffs. Milchprodukte sind die kalziumreichsten Nahrungsmittel. Dass gerade sie „Kalziumräuber“ sein sollen, ist schier unglaublich. Diese Behauptung ist falsch und könnte aus einem Gesunden einen Osteoporosepatienten machen. Es ist empfehlenswert, auf die solide Wissenschaft und den gesunden Menschenverstand zu hören. Ich rate Ihnen, täglich Milchprodukte zu verzehren, gerne auch fettarme.
Quelle: djd deutsche journalisten dienste GmbH & Co. KG,
Gesundheitsthemen